Bildungs- und Begegnungszentrum Liebenau

(Stand 07/2018)

In der Samtgemeinde Liebenau in Niedersachsen werden die Räumlichkeiten einer ehemaligen Hauptschule zu einem Bildungs- und Begegnungszentrum umgebaut. Die benachbarte Grundschule wird erweitert und ihr Raumprogramm den heutigen Anforderungen angepasst. Bisher sind soziale und kulturelle Akteure über das gesamte Gemeindegebiet verteilt. Jugendhilfe, Migrationsberatungsstelle und Flüchtlingshilfe beziehen demnächst Räumlichkeiten im ehemaligen Hauptschultrakt. Die räumliche Konzentration an einem integrierten Standort in der Gemeinde führt zu kurzen Wegen und einer intensiven Zusammenarbeit. Durch die Verzahnung von Akteuren und Zielgruppen erhofft sich die Gemeinde Synergie-Effekte hinsichtlich Qualität und Kosten. Die Integration von Geflüchteten und Migranten aus Südost-Europa, die in den vielen ehemaligen Werkswohnungen des Dorfes leben, kann dadurch noch weiter vorangebracht werden.

Die Maßnahme liegt in der Gebietskulisse des Städtebauförderprogramms Kleine Städte und Gemeinden.

  • Ausgangssituation

    Beschreibung der Gemeinde

    Die Samtgemeinde Liebenau liegt im Kreis Nienburg (Weser) und besteht aus den Gemeinden Binnen, Pennigsehl und Liebenau. Die Kreisstadt Nienburg ist etwa 15 Kilometer, Hannover etwa 60 Kilometer entfernt. Liebenau hat sich mit den Samtgemeinden Heemsen, Marklohe und Steimbke zu einem kommunalen Netzwerk zusammengeschlossen, das durch das Städtebauförderungsprogramm „Kleine Städte und Gemeinden“ gefördert wird. Die Samtgemeinde Liebenau hat gut 6.000 Einwohner, die Gemeinde Liebenau rund 3.700.

    Die Gemeinde ist durch eine aufgelockerte Bebauung mit Einfamilienhäusern geprägt. Ein Teilbereich der Gemeinde wird durch ehemalige Werkswohnungen eines Rüstungsbetriebes bestimmt. In den ehemaligen Werkswohnungen gibt es preiswerten Wohnraum zur Miete. Die Werkswohnungen dienen zum einen der Flüchtlingsunterbringung aber auch als Wohnort von Zuwanderern aus Südosteuropa, die in umliegenden Betonwerken oder Schlachthöfen arbeiten.

    In Liebenau haben sich viele Initiativen und Vereine den besonderen Herausforderungen der Zuwanderung mit viel Engagement gestellt.

    Städtebauförderung, Gebietskulisse Kleinere Städte und Gemeinden, Kommunales Netzwerk der Samtgemeinden Heemsen, Liebenau, Marklohe und Steimbke
    Lage im Ort Ortsrand
    Baualter Aufgelockerte Bebauung mit Ein- bis Zweifamilienhäusern
    Gebietstyp nach Nutzung Sportflächen, Wohnnutzung, Wald

    Beschreibung der Einrichtung

    Das Bildungs- und Begegnungszentrum wird in den Räumen der Hauptschule St. Laurentius und der Grundschule Liebenau untergebracht. Die Schulen liegen am südlichen Ortsrand unmittelbar angrenzend an eine Sportanlage, einen Kindergarten und das Hallenbad der Gemeinde. Der Schulkomplex liegt in der Gebietskulisse des Städtebauförderprogramms Kleine Städte und Gemeinden. Die Gebäude wurden sukzessive ab 1962 errichtet, 1974 und 1992 erfolgten Anbauten. Der Komplex besteht aus drei Riegeln mit Klassen- und Fachunterrichtsräumen, einem Verbindungstrakt mit Aula und Verwaltung und einem sechseckigen Neubau. Der Altbau ist teilweise unterkellert und hat auf einem Flügel ein Obergeschoss, während der Neubau nur Erd- und Obergeschoss besitzt. Die Grundschule nutzt bisher die beiden südlichen Riegel, die Hauptschule den nördlichen Riegel und den Neubau. Die Aula dient als Verteiler und wird von beiden Schulen verwendet.

    Die Hauptschule läuft seit 2015 aus. Die letzten Schüler werden im Sommer 2019 die Schule verlassen. Durch die Schulschließung bietet sich die Möglichkeit, die frei werdenden Räumlichkeiten für andere Nutzungen umzubauen.

    Die Grundschule Liebenau bleibt am Standort erhalten. Zurzeit besuchen rund 230 Schüler der ersten bis vierten Klasse die Grundschule Liebenau. Etwa die Hälfte der Schüler nutzen die Ganztagsbetreuungsangebote bis 15.30 Uhr. Der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund beträgt etwa 45 %. Die Grundschule kooperiert mit der Kita „Spatzennest“, die am Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ teilnimmt und bietet zusätzlichen Sprachförderunterricht. Dieser wird durch vier ehrenamtliche Kräfte und eine Sprachförderkraft angeboten. Die Ehrenamtlichen unterstützen durch individuelle Betreuung geflüchtete Kinder im Unterricht und kümmern sich bei Bedarf auch um deren Familien. Die Integrationsförderung wird eng in den Schulalltag eingebunden.

    Der Sporttrakt der Grundschule sowie die beiden Turnhallen und die Außensportanlage werden von Sportvereinen und der Grundschule gemeinsam genutzt. Außerdem nutzen die Volkshochschule und die Musikschule einzelne Räume in der Grundschule.

    Herausforderungen

    Die bislang durch die Hauptschule und Grundschule genutzten Räumlichkeiten sind sanierungsbedürftig. Die Dächer sind teilweise undicht, es fehlt ein angemessener Hitzeschutz und eine Barrierefreiheit ist nicht gegeben.

    Außerdem entspricht das Raumprogramm nicht den aktuellen Anforderungen, die sich zum einen aus der Ganztagesbetreuung ergeben (u.a. Mittagsverpflegung, Freizeitangebote am Nachmittag, Kleingruppenarbeit). Durch den hohen Anteil an Kindern mit Sprachförderbedarf besteht zusätzlich ein überdurchschnittlicher Raumbedarf etwa für Sprachförderung, Sozialarbeit, Hausaufgabenhilfe und Elternarbeit. Zurzeit findet die Einzelfallhilfe in den Fluren, der Bücherei oder im Lehrerzimmer statt. Das Lehrerkollegium wünscht sich darüber hinaus eine stärkere Vernetzung und Verzahnung der Hilfsangebote der Schule mit den Angeboten der Träger und Vereine in Liebenau.

  • Maßnahme

    Zielsetzung

    Durch die Schließung der St. Laurentius-Hauptschule ergibt sich die Möglichkeit, verschiedene bisher verteilte Angebote von Vereinen und Trägern an einem Ort zu konzentrieren und miteinander inhaltlich zu verzahnen. Die Raumbedarfe der öffentlichen und ehrenamtlichen Aktivitäten aus den Bereichen Bildung und Integration, Jugendförderung, Migrations- und Flüchtlingshilfe können in einem Gebäude erfüllt werden. Es ergeben sich durch die räumliche Konzentration kurze Wege, sowohl für Anbieter als auch Nutzer der Angebote. Durch die Zusammenfassung werden erhebliche Synergie-Effekte hinsichtlich Effizienz, Qualität und Wirtschaftlichkeit der Projekte erwartet.

    Es soll ein zentraler Ort für Menschen aller Altersklassen entstehen. Die Integration der Geflüchteten und der Zuwanderer aus Südosteuropa ist für die relativ kleine Gemeinde eine herausfordernde Aufgabe. Die Grundschule übernimmt dabei eine Schlüsselaufgabe, da hier die Kinder lernen und ein intensiver Austausch mit den Eltern stattfinden kann.

    Die zukünftigen Kooperationspartner im Bildungs- und Begegnungszentrum sind neben der Grundschule und den bereits vor Ort tätigen Einrichtungen (Volkshochschule, Sportverein, Musikschule) folgende Akteure:

    Der Verein „Herberge zur Heimat, Nienburg“, bemüht sich seit 2016 mithilfe des EHAP (Europäischer Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen in Deutschland) um die Eingliederung der Zuwanderer aus Südosteuropa und deren Kinder. Die Migrationsberatungsstelle ist bisher im Rathaus untergebracht. Aufgaben sind Beratung, Unterstützung, Begleitung, Hausbesuche und Elternsprechstunden.

    Die 2015 als Flüchtlingshilfe gegründete Initiative „Liebenau hilft“ unterstützt Geflüchtete und andere Einwohner mit Hilfebedarf. Die Initiative versteht sich vor allem als Netzwerk und Vermittlung. Die Ehrenamtlichen sind als Paten, Sprachmittler und Integrationslotsen tätig. Bisher sind die Projekte und Angebote der Initiative wie Sprachkurse, Begegnungscafé, Kleiderkammer, Musikwerkstatt und Fortbildungen im Gemeindegebiet verstreut. Ein Raum im Bildungs- und Begegnungszentrum soll für Beratungen und die Bündelungen der diversen Aktivitäten der Initiative eingerichtet werden und einen Beitrag zur Verstetigung der Angebote leisten.

    Die kommunale Jugendarbeit nutzt aktuell angemietete Räumlichkeiten. Mit dem Umzug in das Bildungs- und Begegnungszentrum ist eine Umstrukturierung der Angebote geplant. Eine Mädchengruppe nutzt bereits heute einen Raum im Schulkomplex.

    Im ehemaligen Hausmeisterhaus soll zukünftig die Trapez gGmbH als Träger der freien Jugendhilfe tätig werden. Die gemeinnützige Jugendhilfeorganisation arbeitet bereits eng mit der Grundschule zusammen und nutzt derzeit mehrere Gebäude innerhalb des Ortes.

    Der benachbarte Kindergarten Spatzennest nimmt am Bundesprogramm „Sprach-Kitas – weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ teil. Eine ergänzende Sprachförderung findet bereits in den Räumen der Grundschule statt.

    Die „Dokumentationsstelle Pulverfabrik“ wird ebenfalls Teil des Bildungs- und Begegnungszentrums. Die Dokumentationsstelle leistet Bildungs- und Aufklärungsarbeit über die im Gemeindegebiet liegende ehemalige Pulverfabrik, in der während des Nationalsozialismus ca. 11.000 Zwangs- und Fremdarbeiter arbeiteten, von denen ca. 2.000 aufgrund der dortigen Arbeitsbedingungen verstarben. Seit 2002 erfolgt die Aufarbeitung der Situation der Zwangsarbeiter in der Pulverfabrik. Es werden internationale Jugendbegegnungen durchgeführt, gemeinsam in thematischen Workshops gearbeitet und Ausstellungen vorbereitet. Bisher war die Dokumentations- und Gedenkstätte ohne eigenes Gebäude. Der Umbau eines Teils der bisherigen Hauptschule wird vom Verein „Dokumentationsstelle Pulverfabrik Liebenau e. V.“ mit Geldern der Stiftung niedersächsischer Gedenkstätten finanziert.

     

    Bauliche Maßnahme

    Es sind diverse Umbauten in Innen- und Außenbereich des Schulkomplexes vorgesehen. Die Gebäudehülle wird gedämmt und die Dächer und Fenster weitgehend erneuert. Insgesamt erfolgt eine energetische Optimierung des Gebäudekomplexes, bei der eine Photovoltaik-Anlage errichtet und die Warmwasserbereitstellung auf Biogas umgestellt wird. Die Flächen der Grundschule werden außerdem nach der Sanierung barrierefrei sein.

    Im Innenbereich wird die Verteilung und Funktionszuordnung der Räumlichkeiten umstrukturiert und an die veränderten Ansprüche angepasst. So entstehen durch Raumteilungen in ehemaligen Klassenzimmern neue Gruppenräume bzw. Räume für Einzelarbeit. Durch Wanddurchbrüche entsteht beispielsweise in den ehemaligen Lehrerbüros und Büro der Grundschul-Sozialarbeit Platz für die zukünftige Mensa der Grundschule, an die eine Außenterrasse anschließt. Die Lehrer- und Rektorenbüros werden in die Hauptschule umziehen.

    Der Gebäudeteil im Norden des Komplexes wird zukünftig von der Gedenkstätte Pulverfabrik genutzt und dementsprechend umgestaltet. In der Gedenkstätte wird ein Aufzug eingebaut, der auch die barrierefreie Erschließung des übrigen Schulgebäudes sicherstellt.

    Der nördliche Riegel wird Räume für die sozialen und kulturellen Akteure bieten und damit den Kernbereich des „Bildungs- und Begegnungszentrums“ bilden. Neben fest vergebenen Räumlichkeiten für Flüchtlingshilfe, Migrationsberatung und Sprachförderung sind andere Räume so konzipiert, dass sie von verschiedenen Akteuren flexibel genutzt werden können. Die Jugendarbeit wird im Keller untergebracht. Bei der Nutzung des Bildungs- und Begegnungszentrums durch außerschulische Angebote ist die Trennung vom Primarbereich der Schule und außerschulischer Nutzung und Personen besonders wichtig.

    Weiterhin wird der Keller im südlichen Flügel der Grundschule komplett an den Sportverein übergeben und nicht mehr von der Grundschule aus zugänglich sein. Die Sanitär- und Umkleideräume werden saniert. Die verbleibenden zwei Klassenräume werden zu einem Schulungs- und Besprechungsraum sowie einer weiteren Umkleide umgebaut. Die Sanierung dieses Gebäudeteils erfolgt mit Mitteln der Städtebauförderung.

    Die Trapez gGmbH als Träger der freien Jugendhilfe wird im ehemaligen Hausmeisterhaus untergebracht.

    Maßnahme Bildungs- und Begegnungszentrum Liebenau
    Programmjahr 2017
    Durchführungszeitraum 2017-2022
    Kosten und Finanzierung Gesamtkosten: 2.051.613 € (beantragte Fördersumme 1.846.451 €, Eigenanteil 205.161 €)
    Projektträger Samtgemeinde Liebenau
    Ansprechpartner Herr Dieter Korte, Bauleitplanung, 

    Bezüge zur Nachbarschaft

    Durch die Bündelung der verschiedenen Aktivitäten der Initiativen und Vereine, der kommunalen Jugendarbeit, der Dokumentationsstelle und der Grundschule im Bildungs- und Begegnungszentrum entsteht ein neues soziokulturelles Zentrum in Liebenau. Die Zusammenfassung vieler sozialer und kultureller Aktivitäten der Gemeinde an einem integrierten Standort in unmittelbarer Nähe zu weiteren öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde (Sporthalle, Hallenbad, Kindergarten) wird auch durch die Mehrfachnutzung von Räumlichkeiten und durch die gemeinsame Arbeit der Akteure Synergie-Effekte hervorbringen.

  • Umsetzung und Zeitplan

    Konzeption und Planungsprozess

    Nach Bekanntwerden der geplanten Schließung des Hauptschulstandortes bildete sich ein Arbeitskreis mit verschiedenen Akteuren der Initiativen, Vereine und der Grundschule zur Erarbeitung eines Nachnutzungskonzeptes für das Hauptschulgebäude. Es bestand schnell Einigkeit darüber, dass die frei werdenden Flächen zur Bündelung der Aktivitäten der Gemeinde Liebenau genutzt werden sollten. Gemeinsam wurden Flächenbedarfe ermittelt und Kompromisse zur gemeinsamen Raumnutzung erarbeitet. Darauf aufbauend wurde 2017 ein Um- und Nachnutzungskonzept erstellt. Politische Unterstützung erhielt das Bildungs- und Begegnungszentrum durch einen Ratsbeschluss.

    Im Förderjahr 2017 wurden drei von fünf voneinander trennbaren Bauabschnitten gefördert, die anderen Bauabschnitte werden sukzessive beantragt.

    Umsetzung

    Die Architekten wurden im Juni 2018 beauftragt. Die Bauarbeiten werden sukzessive im laufenden Schulbetrieb durchgeführt. Größere Umbauten erfolgen in den Ferienzeiten der Grundschule. Die Umbauarbeiten sollen 2021/2022 abgeschlossen sein. Auch die Gedenkstätte Pulverfabrik soll bis 2021/22 fertig gestellt sein.

  • Weiterführende Informationen/ Links

    Samtgemeinde Liebenau

    Grundschule Liebenau

    Gedenkstätte Pulverfabrik

    Bundesprogramm Sprach-Kitas

    Lokales Projekt des EHAP - Europäischer Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen in Deutschland

    Trapez gGmbH -Träger freie Jugendhilfe

    Liebenau hilft - Facebook

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